Analogiebetrachtung - Heranführung an das Thema



Ein gewisses Maß an gedanklicher Transferleistung voraussetzend, kann man den Gurtförderer wohl mit anderen technischen Errungenschaften vergleichen.

Dies soll hier beispielhaft mit einem Automobil erfolgen.

Wie beim Auto ist die Krafteinleitung über Reibschluß - zwischen Straßenbelag und Reifen einerseits und Antriebstrommel und Gurt andererseits - hergestellt.

Erstens ist eines der für den Reibschluß verwendeten Materialien ein aus (Natur-)Kautschuk hergestellter Reibbelag (Reifen beim PKW, Gurt / Trommelbelag beim Gurtförderer), der die Eigenschaft besitzen soll, ein Durchdrehen / Schlupfen zu vermeiden ergo Reibschluß sicherzustellen.

Zweitens tritt bei zu hoher Krafteinleitung ebenso wie bei zu schneller Kraftänderung (Gradient) unweigerlich ein Schlupfen ein, was über den Anfahrfaktor / eine Drehmomentbegrenzung zu verhindern ist - respektive beim Auto: Fuß vom Gas oder – gerade im Winter – Gang höher wechseln, um weniger Drehmoment zu übertragen.
Moderne Elektronik ersetzt hier mehr und mehr das Unvermögen des Bedieners, "ESP" etc. genannt.

Drittens besteht der Leistungsbedarf beim Anfahren im Wesentlichen aus zu beschleunigendem Massenträgheitsmoment (träge Masse dominiert gegenüber der Reibung), wobei die translatorische Masse am angetriebenen Reifen (Trommel) über die vorhandene Gesamtübersetzung aus Getriebe und Reifen in rotatorische Massen (reduziertes Massenträgheitsmoment) umgesetzt wird.
Es handelt sich in beiden Fällen um eine parabolisch dominierte Last (parabolisches Lastmoment), was auch begründet, daß die erforderliche Antriebsleistung in der dritten Potenz mit der Geschwindigkeit steigt, also überdurchschnittlich mehr Leistung für geringfügig mehr Geschwindigkeit erforderlich wird.

Zur Erinnerung oder erstmaligem Erkennen:

parabolische Last als Quadratfunktion der Drehzahl

Viertens ist der Leistungsbedarf wesentlich extremer von der zu beschleunigenden Masse abhängig, als es dies von der Geschwindigkeit ist (man studiere hierzu intensivst die Erläuterungen zur parabolischen Last und zum Massenträgheitsmoment - s.o.).

Die viel diskutierte Energieeinsparung durch Geschwindigkeitsregelung (Geschwindigkeitsabsenkung) am Gurtförderer macht also relativ wenig Sinn im Vergleich zur Reduzierung der bewegten Massen; nicht umsonst wird in der Formel 1 an jedem Gramm Gewicht des Boliden gespart, notfalls nur mit halb vollem Tank gefahren - so ein Zeitverlust durch Nachtanken nicht ins Gewicht fiele - (so werden übrigens auch die Verbrauchswerte der PKW unter prüfstandsähnlichen Bedingungen bestimmt: alles "Unnötige" aus dem Auto entfernt (Rücksitzbank, etc.), Treibstofftank so leer wie möglich), um die trägen zu beschleunigenden Massen so gering wie möglich zu halten.
Daneben sehen Einsparungen an den Reibwiderständen stiefmütterlich aus: bei trockener Fahrbahn nimmt man zur besseren Leistungsübertragung auf die Piste (Reibschluß) profillose Slicks, da ein mögliches Schlupfen durch Reibwertabsenkung bei Nässe nicht gegeben ist; das mehr an Reibung nimmt man gern zur verbesserten Leistungseinleitung / Kraftübertragung vom Reifen auf die Straße (von der Antriebstrommel in den Gurt) in Kauf.
Zudem, wie auch u.a. unter fiktiver Widerstandsbeiwert beschrieben, sind die Reibungsverluste bei konstanter Geschwindigkeit (im Nennbetrieb) wesentlich von der Last (Fördergut-Beladung als auf den Gurt und die Tragrollen wirkende Gewichtskraft) bestimmt; in Analogie zum Fahrzeug zu erklären mit dem Reifendruck: zu geringer Luftdruck erhöht durch größere Auflagefläche (keine idealisierte punktuelle Berührung) den Kontakt und damit die durch Reibung hervorgerufenen Verluste - oder, bei gleichbleibendem Luftdruck, ergibt sich selbiges auch bei Erhöhung des Fahrzeuggewichts (man denke nur an die Erhöhung des Reifendrucks vor voll beladener Fahrt in den Urlaub).

Und ja: es darf jedoch beim Fahrzeug nicht vernachlässigt werden, daß auch andere Kräfte von Bedeutung sind, die z.B. ein gewisses Maß an vorhandener Masse erfordern.
Um bei Kurvenfahrten den Anpreßdruck (und damit das Aufrechterhalten des Reibschlusses zum Untergrund zu gewährleisten) gegenüber der Zentrifugalkraft dominierend zu halten, um nicht aus der Kurve getragen zu werden, bedarf es einer gewissen Masse.
Dies nur zur Verdeutlichung, daß man sich bei der technischen Herangehensweise nie auf nur einen Aspekt beschränken darf (andere physikalische Größen beispielsweise ausblendend), da stets eine Vernetzung und Abhängigkeiten zu vielen anderen Einflüssen und Größen bestehen.

Fünftens sei auf die Analogie bezüglich Verschleiß bzw. Abrieb hingewiesen. Wie beim Fahrzeug so auch am Gurtförderer läßt sich selbiger nicht vermeiden.
Gleich ist, daß beides aus dem selben Material hergestellt ist, Reifen wie Gurt sind aus (Natur-)Kautschuk.
Gravierend unterschiedlich ist jedoch folgendes:
Während beim Fahrzeug die Pneus das geringwertigere Gut (kostengünstig gegenüber dem Rest des Fahrzeugs aber auch gegenüber der Straße) darstellen, handelt es sich beim Gurtförderer um die vergleichsweise (meist) teuerste Anschaffung.
Ergo sollte der nicht vermeidbare Verschleiß beim Auto in den Reifen liegen, beim Gurtförderer aber eben NICHT im Gurt - sondern gerade von diesem ferngehalten und bewußt auf andere Elemente verlagert werden.

Nicht vergessen darf man dabei, daß es sich trotz allem um zwei höchst unterschiedliche Anwendungen handelt; jede Anwendung unterliegt eigenen, spezifischen Anforderungen und Randbedingungen.

So läßt sich nicht von der Hand weisen, daß es irrwitzig wäre, einen Gurtförderer auch nur annähernd auf "bequeme Reisegeschwindigkeit" von beispielsweise 200 km/h zu bringen wie einen PKW.
So unterliegt die Anwendung Fahrzeug dem Luftwiderstand und seinen Abhängigkeiten, während bei einem Gurtförderer davon abgesehen werden kann. Ergo gilt nur beim Auto der Zusammenhang mit dem Luftwiderstandsbeiwert als Abhängigkeit von der Geschwindigkeit zum Quadrat als zusätzlicher Widerstand, während der Widerstand beim Gurtförderer von dessen Geschwindigkeit weitestgehend unabhängig ist.

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Kompendium Gurtförderer

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Kraftbedarf

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Eine Analogie ist kein vergleichsfreier Raum.